30.05.2016
Russland verstehen Innenansichten aus einem faszinierenden Riesenreich
Boris Reitschuster, 16 Jahre Leiter des Moskauer Büros, Nachrichtenmagazin Focus

Der Aktionskreis für Wirtschaft, Politik und Wissenschaft diskutierte im Bayerischen Landtag über das Thema "Russland verstehen - Innenansichten eines Riesenreichs". Als Referent sprach Boris Reitschuster, der 16 Jahre Leiter des Moskauer Büros des Nachrichtenmagazins Focus war. Reitschuster, Autor mehrerer kritischer Bücher gegenüber Präsident Wladimir Putin, schilderte seine mehrheitlich negativen Erfahrungen, die er in der Regierungszeit Putins in Russland gemacht hat. Reitschuster prangerte besonders die Manipulation der russischen Medien durch Präsident Putin an. Die Lage Russlands würde immer so tadellos, so heroisch dargestellt - in Wirklichkeit würde das "System Putin" anfangen zu bröckeln, seine Macht könne der Präsident nur noch durch Korruption, Repression und Einschüchterung erhalten, so der Journalist. Die völkerwiderrechtliche Annexion der Krim dürfe von der Weltgemeinschaft nicht hingenommen werden.
Russland befindet sich in einer wirtschaftlichen Krise: Das Bruttoinlandsprodukt befindet sich auf dem Stand von 2008. Die ausländischen Direktinvestitionen reduzierten sich 2015 im Vergleich zu 2014 um 90%. 2015 betrug die Inflation rund 16%. Die Realeinkommen sanken um zehn Prozent. Vorsitzender Tobias Kurzmaier resümierte: "Wir dürfen aber nicht nur über Russland reden, wir müssen v.a. wieder mit ihm reden. Eine so schwerwiegende Krise wie die Ukraine-Russland kann nur im Dialog behoben werden. Die G7 müssen wir wieder Richtung G8 bringen. Die deutsch-russischen Beziehungen sind generell gut. Wenn sich zwei Länder wie Russland und die Ukraine im Konflikt miteinander befinden, darf sich Deutschland von keiner Seite zu stark beeinflussen lassen. Wir sollten noch intensiver unser neutrales Gewicht in die Waagschale werfen und mithelfen, die Krise zu beenden. Realistisch sehe ich derzeit für die Ukraine keine Chance, in den nächsten Jahren der EU und NATO beitreten zu können".
v.l.n.r.: Helmut Six (Beirat), Wolfgang Schichtel (Beirat), Vadym Kostiuk (Generalkonsul Ukraine), Boris Reitschuster, Tobias Kurzmaier (Vorsitzender), Wolfgang Durner (Beirat), Hans Fritz (Beirat), Hermann Harbeck (Beirat)